So wählen Sie sichere medizinische AC/DC-Netzteile aus
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So wählen Sie sichere medizinische AC/DC-Netzteile aus

Die Auswahl eines geeigneten AC/DC-Netzteils für medizinische Anwendungen ist entscheidend für die Sicherheit von Patienten und Bedienpersonal. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die relevanten Sicherheitsstandards, insbesondere die IEC 60601-1, erläutert die Bedeutung von Schutzmaßnahmen wie MOOP und MOPP und gibt praktische Hinweise zur Auswahl und Integration von Netzteilen in medizinische Geräte.


1. Einführung in medizinische AC/DC-Netzteile⚕️

Medizinische Geräte stellen besondere Anforderungen an die Stromversorgung, da sie oft in direktem Kontakt mit Patienten stehen. Daher müssen Netzteile für solche Anwendungen strenge Sicherheitsstandards erfüllen, um Risiken wie Stromschläge oder unerwünschte Leckströme zu minimieren.


2. Sicherheitsstandards: IEC 60601-1 und ihre Bedeutung💡

Die IEC (International Electrotechnical Commission) 60601-1 ist der internationale Standard für die Sicherheit medizinischer elektrischer Geräte. Sie definiert Anforderungen an Isolation, Leckströme und Schutzmaßnahmen, um sowohl die Patienten als auch das Personal zu schützen. Zentrale Konzepte sind dabei die “Means of Protection” (MOP), die in zwei Kategorien unterteilt werden:

  • MOOP (Means of Operator Protection): Schutzmaßnahmen für das Bedienpersonal.
  • MOPP (Means of Patient Protection): Erhöhte Schutzanforderungen für Patienten, da diese besonders empfindlich auf elektrische Ströme reagieren.

Die Anforderungen an MOPP sind strenger als an MOOP, da Patienten oft direktem Kontakt mit dem Gerät ausgesetzt sind. Somit erfordert beispielsweise eine 2-fache MOPP-Isolation eine Kriechstrecke von mindestens 8 mm und eine Isolationsspannung von 4000 VAC zwischen Ein- und Ausgang.


3. Klassifizierung von Anwendungsarten: Typ B, BF und CF🔌

Im Rahmen der Sicherheitsanforderungen unterschiedet die IEC 60601-1 zwischen verschiedenen Arten von “Applied Parts”, also den Teilen eines medizinischen Geräts, die mit dem Patienten in Kontakt kommen:

  • Typ B (Body): Kontakt mit dem Körper, jedoch keine direkte Verbindung zum Herzen.
  • Typ BF (Body Floating): Kontakt mit dem Körper, jedoch elektrisch vom Erdpotential isoliert.
  • Typ CF (Cardiac Floating): Direkter Kontakt mit dem Herzen oder Blutkreislauf, daher höchste Sicherheitsanforderungen.

Quelle: Wall Industries

Je nach Typ gelten unterschiedliche Grenzwerte für Leckströme. Für Typ CF sind die Anforderungen am strengsten, mit maximal erlaubten Patientenleckströmen von 10 µA unter Normalbedingungen.

Quelle: Mean Well


4. Leckströme: Arten und Grenzwerte

Leckströme sind unerwünschte elektrische Ströme, die in medizinischen Geräten auftreten können. Die IEC 60601-1 definiert drei Hauptarten:

  • Erdableitstrom: Fließt vom Gerät über die Schutzerdung.
  • Gehäuseableitstrom: Fließt vom Gehäuse des Geräts zum Boden, wenn eine Person es berührt.
  • Patientenableitstrom: Fließt vom Gerät durch den Patienten zum Boden.

Die Grenzwerte variieren je nach Gerätetyp und Betriebszustand (Normalbedingung oder Einzeldefektbedingung). Beispielsweise beträgt der maximal erlaubte Patientenableitstrom für Typ CF-Geräte 10 µA unter Normalbedingungen und 50 µA bei einem Einzeldefekt.


5. Isolation und Schutzmaßnahmen🔒

Die Isolation zwischen verschiedenen Teilen eines medizinischen Geräts ist entscheidend für die Sicherheit. Es gibt verschiedene Isolationsarten:

  • Basisisolation: Grundlegender Schutz gegen elektrische Schläge.
  • Zusätzliche Isolation: Zusätzlicher Schutz, der zusammen mit der Basisisolation einen doppelten Schutz bietet.
  • Verstärkte Isolation: Einzelne Isolationsmaßnahme, die den gleichen Schutz bietet wie eine doppelte Isolation.

Für eine 2-fache MOPP-Isolation sind beispielsweise eine Kriechstrecke von mindestens 8 mm und eine Isolationsspannung von 4000 VAC erforderlich.

Quelle: Avnet


6. Auswahlkriterien für medizinische Netzteile🔋

Damit Sie ein geeignetes Netzteil für medizinische Anwendungen auswählen können, sollten Sie folgende Kriterien berücksichtigen:

  • Zertifizierungen: Sicherstellen, dass das Netzteil gemäß IEC 60601-1 zertifiziert ist.
  • Leckstromwerte: Überprüfung, ob die Leckströme innerhalb der zulässigen Grenzwerte liegen.
  • Isolationsanforderungen: Sicherstellen, dass die erforderlichen MOPP- oder MOOP-Stufen erfüllt sind.
  • EMV-Verhalten: Das Netzteil sollte elektromagnetische Störungen minimieren.
  • Mechanische Eigenschaften: Größe, Form und Befestigungsmöglichkeiten sollten zur Anwendung passen.

Falls Sie die Sicherheitsstandards Ihrer medizinischen Geräte gemäß IEC 60601-1 überprüfen möchten, bietet Ihnen Kikusui mit der TOS9300-Serie die passenden Sicherheitsprüfgeräte.


7. Aktuelle Entwicklungen und Trends📈

Die medizinische Technik entwickelt sich ständig weiter, und damit auch die Anforderungen an Netzteile:

  • Miniaturisierung: Kompaktere Geräte erfordern kleinere Netzteile mit hoher Leistungsdichte.
  • Drahtlose Kommunikation: Integration von Bluetooth oder NFC erfordert Netzteile, die EMV-Anforderungen erfüllen.
  • Energieeffizienz: Netzteile müssen energieeffizient sein, um Wärmeentwicklung zu minimieren und die Lebensdauer zu erhöhen.

Hersteller wie Murata bieten bereits Lösungen an, die diesen Anforderungen gerecht werden, z. B. durch kompakte Bauteile und integrierte Kommunikationsmodule.


8. Fazit

Die Auswahl des richtigen AC/DC-Netzteils für medizinische Anwendungen ist komplex, aber entscheidend für die Sicherheit und Funktionalität des Endgeräts. Durch ein tiefes Verständnis der relevanten Standards, insbesondere der IEC 60601-1, und der spezifischen Anforderungen der jeweiligen Anwendung können Entwickler geeignete Netzteile auswählen und integrieren. Dabei sollten stets aktuelle Entwicklungen und Technologien berücksichtigt werden, um zukunftssichere und sichere medizinische Geräte zu gewährleisten.