Wer ist der wahre Erfinder der wiederaufladbaren Lithium-Ionen-Batterie?
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Wer ist der wahre Erfinder der wiederaufladbaren Lithium-Ionen-Batterie?

Die wiederaufladbare Lithium-Ionen-Batterie ist mittlerweile unverzichtbar – sie treibt Milliarden von Laptops, Mobiltelefonen, Elektrowerkzeugen und Autos an. Die jährlichen globalen Umsätze übersteigen mittlerweile 45 Milliarden US-Dollar und dürften in den nächsten zehn Jahren die 100-Milliarden-Marke überschreiten.

Doch hinter dieser bahnbrechenden Erfindung steckt eine Geschichte von mehreren Rückschlägen, misslungenen Versuchen und falschen Weichenstellungen, die fast zwei Jahrzehnte gedauert haben, um das Potenzial dieser Technologie zu erkennen.

Der Beginn der Reise: Whittingham und Exxon

Die erste Version der Lithium-Ionen-Batterie wurde 1972 von M. Stanley Whittingham bei Exxon entwickelt. Whittingham, ein britischer Chemiker, erarbeitete ein Batteriekonzept, das Lithium-Ionen verwendete. Das Besondere an seiner Batterie war der Einsatz von Titan(IV)-disulfid als Kathode und flüssigem Elektrolyt. Die Batterie war revolutionär: Sie war wiederaufladbar und hatte eine beispiellose Energieausbeute, die die damals besten wiederaufladbaren Batterien bei weitem übertraf.

Whittingham präsentierte seine Entdeckung innerhalb weniger Monate der Exxon-Führung und erhielt zunächst grünes Licht, um in kleinen Mengen Batterien zu produzieren. Doch das Interesse an der Technologie ließ schnell nach, als Exxon von einer breiten Marktakzeptanz überzeugt war. Letztlich gab das Unternehmen die Technologie an drei Batteriefirmen weiter – ohne jedoch wirklich an den Erfolg zu glauben. Exxon hatte seine Chance verpasst, und die Lithium-Ionen-Technologie geriet wieder in Vergessenheit.

Der nächste Schritt: Goodenough und die Verbesserung des Designs

Die Geschichte der wiederaufladbaren Lithium-Ionen-Batterie war jedoch nicht zu Ende, denn der nächste bedeutende Schritt wurde 1978 von John B. Goodenough an der Universität Oxford gemacht. Goodenough, der Whittinghams Arbeiten kannte, konnte das Batteriedesign erheblich verbessern. Durch den Austausch von Titan(IV)-disulfid durch Lithium-Kobaltoxid als Kathode konnte er die Spannung der Batterie auf beeindruckende 4 Volt steigern. Diese Neuerung brachte die Batterie einen entscheidenden Schritt näher an ihre spätere Marktfähigkeit.

Doch auch hier stießen Goodenough und sein Team auf Widerstände. Trotz ihrer vielversprechenden Ergebnisse fanden sie keinen Partner, der in die Technologie investieren wollte. Selbst die Universität Oxford, bei der Goodenough arbeitete, lehnte es ab, ein Patent für die Technologie anzumelden. Schließlich war es das Atomic Energy Research Establishment (AERE) in Großbritannien, das 1981 das Patent sicherte – allerdings ohne Goodenough finanzielle Rechte an der Erfindung zu gewähren.

Yoshino und der entscheidende Durchbruch

Ein weiterer wichtiger Schritt in der Entwicklung der Lithium-Ionen-Batterie erfolgte 1982, als der japanische Chemiker Akira Yoshino von Asahi Chemical begann, die Technologie weiterzuentwickeln.

Yoshino hatte die Vision, ein deutlich sichereres und effizienteres Batteriedesign zu entwickeln. Er kombinierte Goodenoughs Lithium-Kobaltoxid-Kathode mit einem Kohlenstoffanodenmaterial, das aus Petroleumkoks gewonnen wurde. Diese Kombination war nicht nur sicherer, sondern auch stabiler als die vorherigen Versionen, die mit metallischem Lithium arbeiteten.

Doch auch Yoshino stand vor Herausforderungen. Asahi Chemical war kein Batteriehersteller und verfügte weder über das nötige Produktionswissen noch über die Ausstattung, um die Batterie in großen Mengen zu produzieren.

Deshalb wandte sich Yoshino 1986 an das Unternehmen Battery Engineering in Boston, um mit deren Expertise bei der Herstellung von Spezialbatterien zusammenzuarbeiten. Innerhalb von zwei Wochen konnte Battery Engineering Prototypen herstellen, die es Yoshino ermöglichten, die Technologie weiter zu entwickeln.

Sony und der Durchbruch auf dem Markt

Der entscheidende Moment kam 1987, als Isao Kuribayashi von Asahi Chemical die Batterietechnologie Sony vorstellte. Sony, damals ein führendes Unternehmen in der Unterhaltungselektronik, erkannte sofort das Potenzial der Batterie.

Die Japaner befanden sich mitten in der Entwicklung eines neuen Camcorders, dem später als Handycam bekannt gewordenen Gerät, und benötigten eine leichtere, kleinere Batterie. Sony zeigte großes Interesse und trat schließlich 1989 in die Entwicklungsphase ein.

Die Ingenieure von Sony führten die Arbeiten fort und entwickelten die Technologie weiter. 1991 präsentierte Sony die erste kommerzielle Version der Lithium-Ionen-Batterie. Diese markierte einen Wendepunkt, nicht nur für Sony, sondern auch für die gesamte Technologiebranche.

Die Lithium-Ionen-Batterie revolutionierte nicht nur den Markt für tragbare Geräte, sondern legte auch den Grundstein für die spätere Entwicklung von Elektromobilität, indem sie die Leistung von Batterien für Elektrofahrzeuge auf ein neues Level hob.

Die Rolle von AERE und der Patentgeschichte

Ein weiterer bemerkenswerter Aspekt der Geschichte ist die Rolle des Atomic Energy Research Establishment (AERE).

Als Sony 1989 das Patent von Goodenough für die Lithium-Kobaltoxid-Batterie lizenzieren wollte, stießen die britischen Wissenschaftler auf großes Erstaunen. Niemand konnte sich vorstellen, dass das Patent für eine Batterie in naher Zukunft von Bedeutung sein würde. Aber durch diese Lizenzierung und die Zusammenarbeit mit Sony wurde das AERE zu einem der größten Nutznießer der Lithium-Ionen-Technologie.

Fazit: Die wahre Erfindung

Die wahre Erfindung der Lithium-Ionen-Batterie ist das Resultat vieler Jahre harter Arbeit und zahlreicher Misserfolge. Es war nicht eine einzelne Person, die den Durchbruch erzielte, sondern vielmehr eine Kette von Entwicklungen, die von verschiedenen Wissenschaftlern und Unternehmen über Jahrzehnte hinweg vorangetrieben wurden. Exxon, Oxford, Asahi Chemical und letztlich Sony – all diese Akteure trugen auf ihre Weise zur Verwirklichung der Lithium-Ionen-Batterie bei, wie wir sie heute kennen.

Die Geschichte der wiederaufladbaren Lithium-Ionen-Batterie ist ein faszinierendes Beispiel dafür, wie Innovation nicht immer sofort erkannt wird und wie der wahre Wert einer Technologie oft erst Jahre später entfaltet wird.